Ironman Portugal

Projekt Langdistanz – dieses haben sich 2 TriStyria Athleten Ende 2020 als großes Ziel für 2021 gesetzt. Nach einem nahezu verlorenen Sportjahr 2020, aufgrund Covid-19, waren Tom (Thomas Fasswald) und ich (Marcel Spandl) auf der Suche nach einem „besonderen“ Abenteuer – da kam die Frage auf, wieso nicht eine Langdistanz in 2021 in Angriff zu nehmen?
„Gut, lass uns das doch mal probieren“ – die Wahl des Wettkampfs wurde uns regelrecht abgenommen, nachdem nahezu alle Bewerbe aus dem Jahr 2020 ins Jahr 2021 verschoben wurden waren Startplätze rar gesät und so fiel die Wahl auf den Ironman Portugal, der am 23.10.2021 in Cascais nahe Lissabon stattfinden sollte.
Den passenden Wettkampf gefunden ging es an die Planung (VorbereitungsWKe, Training, Reise nach Portugal zum WK und zurück), die Stand nach ein paar bierreichen Abenden fest und so brachen wir schlussendlich Anfang Oktober nach einer soliden Vorbereitungen (nur Tom’s Schlüsselbein war bei einem RR-Crash nicht solid genug) mit dem Campingbus nach Portugal auf.

Eine Woche vor dem Wettkampf erreichten wir austrainiert und voller Vorfreude Cascais und konnten es kaum noch erwarten die Bewerbsstrecken zu erkunden. Streckenführung, Landschaft und Wetter, alles top.
Einzig die teilweise tiefen Schlaglöcher und Temposchweller waren etwas nervig und musste man sich für den Tag X gut einprägen.
Nach dem Streckencheck, nochmal Beine hoch und futtern, alles was reinpasst! Das könnma!
Am Tag vorm Bewerb sattelte ich nochmal mein Fahrrad und checkte das letzte Mal die ersten km der Radstrecke mit Raceequipment/-setup – und mir blieb dabei fast die Spucke weg. Nicht angesichts der schönen Gegend entlang der Klippen des Atlantiks, nein, der herrschende starke böige Wind war daran schuld. Er machte es unmöglich in Auflegerposition zu fahren. Bei Windböen um die 100 km/h versetzte es einen von einer auf die andere Straßenseite ohne die Möglichkeit dies zu verhindern. Außerdem türmten sich Sandbänke quer über die Fahrbahn, die der Wind dort bildete…Ich dachte mir, wenn  morgen Früh nach dem Schwimmen oder auf der zweiten Radrunde solche Bedingungen vorherrschen gibt es unzählige Verletzte…also schnell abhaken und auf einen windberuhigten Wettkampfvormittag hoffen.

Nun – am 23.10.2021, im Hafenbecken von Cascais war es endlich so weit, zusammen mit ungefähr 4.000 anderen Startern aus aller Welt war es an der Zeit zu zeigen worauf man sich monatelang vorbereitet, Entbehrungen auf sich genommen und harte Trainingseinheiten bei jedem Wetter absolviert hat.
Die letzten Minuten vor dem Start eines Bewerbs sind immer was Besonderes, doch diesmal, wissend es wird ein langer multisportiver Tag, war es doch etwas spezieller als sonst. Als dann die Soundtrackmusik von Inception (Time) einsetzte und Mike Riley (Ironman Anchorman) seinen einstudierten Monolog abhielt, wanderten viele Schwimmbrillen vor die Augen der Athleten um die ein oder andere Eisenmänner-Träne zu verbergen^^
GÄNSEHAUT PUR!

So jetzt gings aber los, gestartet an Land in 5er Blöcken. Alle 3 Sekunden wurde ein Block losgeschickt und rein in den kühlen Atlantik. Geschwommen wurde nahezu ein Rundkurs im Uhrzeigersinn mit Schwimmhilfe (Neoprenanzug) zu absolvieren. Anfangs einen guten Kilometer entlang der Küste, bogen wir danach rechts ab um einige hundert Meter weiter draußen wieder rechts abzubiegen um dann zurück Richtung Ausstieg zu schwimmen. Am Weg raus zur ersten „Wendeboje“ lenkte mich die Strömung immer wieder leicht nach links ab – dadurch fiel es mir schwer eine Gruppe zu halten. Nach den beiden Richtungsänderungen kam ich mit den Bedingungen besser zu recht und konnte mich an schnelle Schwimmbeine heften, die mich dann zusammen mit 3 anderen Kollegen sicher und einigermaßen zügig zum Schwimmausstieg brachten.
Raus aus dem Atlantik und raus aus dem Neo, zumindest bis zur Hüfte, denn nun galt es mehr als einen! Kilometer Richtung Wechselzone ins Hippodrome zu laufen – ein laaaaanger Weg, da bleibt genügend Zeit um sich mal einen Überblick zu verschaffen und sich schon auf den Wechsel auf das Rad vorzubereiten.

Rauf aufs Rad und mal verpflegen und den Wattlimiter einschalten^^ Nach einigen flachen Kilometern entlang der Küste ging’s gleich rein in den längsten Anstieg. Dort war Geduld gefragt – nicht überpowern, heute sind 180km zu absolvieren, sagte ich mir immer wieder. Am höchsten Punkt angekommen und einige Plätze weiter hinten liegend, aufgrund 2 kleiner mechanischen Defekte (Kettenabwürfe) sah ich in der Abfahrt einige Kollegen wieder die am Anstieg hoch an mir vorbeigingen als gäbe es kein Morgen.
Nach ungefähr 35km kam eine große Gruppe von hinten angerollt, mit viel Radpower im Gepäck, da wollte ich dann dran bleiben und den „guten Zug“ nutzen. Da standen an den leichten kurzen Schupfen Richtung Lissabon zurück oftmals mehr als 400W am Garmin…dafür lief es im Flachen etwas besser als alleine. Am Ende der ersten Runde (ca. bei km 90-100) merkte ich, dass sich das Tempo trotz leichtem Seitenwind von links hinten zurückging. Ich begann mit einer Kopfrechnung mal ungefähr abzuschätzen, wie lange es noch dauern würde, wenn wir mit diesem Tempo weiterfahren würden => Ergebnis, definitiv zu lange^^
So setzte ich mich an die Spitze der Gruppe und fuhr meinen Stiefel runter, Watttempomaten rein und los gehts. Minuten später musste ich nach einem Schulterblick feststellen, dass niemand Lust hatte mir zu folgen, so machte ich mich alleine auf den Weg in die zweite etwas kürzere Runde.
Entlang der Küste merkte ich wie der Wind allmählich wieder etwas stärker wurde. Könnte sich später auch beim Laufen auswirken, denn die 7km lange Pendelstrecke führte aus Cascais der Radstrecke entlang und wieder zurück.
Rein in die letzte längere Steigung bekam ich von hinten 3 Begleiter, die mir schon aus der größeren Gruppe bekannt waren. Die hatten dort auch schon einen guten Eindruck hinterlassen und ordentlich Druck am Pedale. So ging’s dann in der kleinen Gruppe nochmal auf die ehemalige Formel1 GP-Strecke von Estoril (worauf in Summe 2 Runden absolviert werden mussten) und dann zurück nach Cascais.
Die Bedingungen und die Streckentopographie ließen für mich leider keine Radzeit unter 5h zu, da ist man schlussendlich froh wenn man den Zeitfahrer in die Wechselzone hängen darf…;-)
Rein in die Laufpatscherl und Rhythmus finden für den abschließenden Marathon. Immer wieder hörte ich beim rauslaufen die Rufe aus dem Publikum entlang Strecke „Top twenty, top twenty!“. Na dann hoffen wir mal das man das Ergebnis irgendwie über den Marathon bringt^^

Aus der Wechselzone raus ging’s knackig bergauf und dann rüber ans Meer, dort an der Promenade angekommen merkte ich schnell, dass die Hitze und der starke Gegenwind das Renngeschehen maßgeblich beeinflussen werden. Ich sagte mir, gut verpflegen und nicht überpacen, 42km sind 42km, für alle gleich…so versuchte ich konservativ reinzustarten und in Windschattenmanier abwechselnd mit den Konkurrenten bis zum ersten Wendepunkt bei km 7 zu laufen. Hinaus zum Wendepunkt hin kühlte der starke Gegendwind, einmal draußen angekommen und den Wind im Rücken merkte man schnell, dass die Temperaturen auch nicht zu unterschätzen sind. Somit immer brav verpflegen! Bis zur zweiten Runden bei km 28 lief alles nach Plan, danach hatte ich mal einen kurzen energetischen Durchhänger und ich musste an 2 Labestationen eine kleine Gehpause einlegen um meinen Körper mit genügend Zucker zu versorgen – Cola hilft! Währenddessen hatte ich auch genügend Zeit um mal den Kopf von der Strecke abzuwenden und nach links und rechts zu schauen. Plötzlich war ich dermaßen berührt von der unglaublichen Landschaft, dass es mir die Gänsehaut auf die Arme zauberte und ich kurz dachte „Mensch, genieß’ den Moment doch mal, links die Steilküsten mit den Klippen, rechts das Naturschutzgebiet mit Sanddünen und Palmen“ – einfach unglaublich! 
Immer wieder kam mir auch Tom entgegen, der von Magenkrämpfen geplagt wurde und demnach nicht allzu glücklich mit der Situation war.
Die letzte Runde war ein reiner mentaler Kampf – aber energetisch ging’s mir wieder besser und somit konnte ich auf den letzten Kilometern noch den ein oder anderen Platz gut machen den ich während meines energetischen Tiefs verloren hatte.

Schlussendlich schleppte ich mich nach ca. 9h20min und damit als 19. noch unter den Top 20 ins Ziel. Tom musste – als ich auf die Zielgerade abbog – noch einmal den Pendler raus und erreichte erschöpft aber zufrieden mit einer super Zeit von 10h32min das Ziel!
WAS FÜR EIN TAG – ein langer Tag und ich wüsste noch einige Geschichten zu erzählen, doch wer noch mehr dazu erfahren möchte, fragt doch einfach persönlich. Tom’s Geschichte zur Wasserflasche, die er an der Radlabe nicht sauber greifen konnte, ist einen Abend und ein paar Bier im Wirtshaus eures Vertrauens wert – glaubt mir!

Ich verbleibe mit den Worten des Veranstalters:

You are an Iron… ähhh Loooouungdistanztriathlet!

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